Moderation Sandra Richter (Universität Stuttgart)
In „Das Glück in glücksfernen Zeiten“ erzählt der promovierte Philosoph Gerhard Warlich, 41 Jahre alt und als Organisationsleiter einer Großwäscherei tätig, wie seine leidlich stabile Mittelstandsexistenz innerhalb kürzester Zeit aus den Fugen gerät. Trotz „Zwangsabonnement mit der Wirklichkeit“ sei sein Leben eigentlich „eine unhaltbare Sache“, stellt er schon zu Beginn fest. Umso unersättlicher beschaut Warlich sein Ich, das ihm deshalb so kostbar zu sein scheint, weil es ihm immer mehr entgleitet.
Als den „Roman zur Krise“ hat die Literaturkritik Wilhelm Genazinos „Das Glück in glücksfernen Zeiten“ bezeichnet. Auch in diesem Roman, den Kenner für seinen vielleicht besten halten, ist die Perspektive ganz konsequent die eines Angestellten in prekären Zeiten. Der Wunsch nach Sicherheit und einem bescheidenen Wohlstand aber ist heute schwerer zu verwirklichen denn je. Mit seinem unverkennbaren Sound beweist Genazino aufs Neue seine Meisterschaft, an beiläufigen Details das große Ganze zu erzählen. Weil er sich fernhält von allen Gesellschaftstheorien, eignet seinen Texten eine genuine Wahrhaftigkeit.
Ort OpernTurm, 26. OG, Ashurst LLP, Bockenheimer Landstr. 2–4
Eintritt 6 Euro / ermäßigt 4 Euro
Anfahrt U6/7 (Alte Oper), alle S-Bahnen außer S7 (Taunusanlage)